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Interview der Energieagentur Rheinland-Pfalz

Klaus Lütkefedder verrät im Interview, wie seine Verbandsgemeinde die Energiewende im Westerwald voranbringt und was ein Mittelstürmer mit seiner Rolle als Bürgermeister gemeinsam hat.

Nachgefragt bei: Klaus Lütkefedder, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wallmerod

Energieagentur Rheinland-Pfalz: Sie haben im letzten Jahr die erste Brennstoffzelle im Westerwald in Ihrem Rathaus in Betrieb genommen und haben damit landesweite Aufmerksamkeit gewonnen. Wie kamen Sie auf die Idee – und wie wird die Brennstoffzelle dort eingesetzt?

Klaus Lütkefedder: Im Rahmen der energetischen Optimierung unseres Rathauses stand selbstverständlich auch die Modernisierung der Heizungsanlage auf der Agenda. Da liegt es nahe, das gesamte Spektrum der technischen Möglichkeiten zu prüfen. Nach Abwägung der verschiedenen Optionen mit unserem Ingenieurbüro Wolf aus Oberlahr und der Einbeziehung des Sachverstandes der Transferstelle für Rationelle und Regenerative Energienutzung der Fachhochschule Bingen (TSB) sowie der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) sind wir zum Ergebnis gekommen, dass die gewählte Lösung für unsere Bedürfnisse passgenau ist. Mit der Brennstoffzelle erzeugen wir Strom, den wir im Rathaus (Klimaanlage Serverraum) selbst verbrauchen. Die dabei entstehende Abwärme führen wir an einer Gasluftwärmepumpe vorbei, so dass diese die „vorgewärmte Luft“ nutzt und somit noch effizienter arbeitet. Für Spitzenlasten haben wir eine Kaskade von zwei Brennwertkesseln installiert. Die komplette Wärme fließt in einen Pufferspeicher. Wir gehen davon aus, dass wir durch diese Kombination den Wärmebedarf im Rathaus auf die Hälfte reduzieren und mit der Brennstoffzelle etwa 25 Prozent unseres Strombedarfs im Rathaus decken.

Wie fällt Ihr Zwischenfazit zum Einsatz der neuen Technologie aus?

Nach sechs Monaten Betriebszeit bleibt festzuhalten, dass wir keinerlei Ausfälle hatten und die mit der Brennstoffzelle erzeugte Strommenge exakt den prognostizierten Zahlen entspricht.

Die erwarteten Energieeinsparungen von rund 50 Prozent haben sicher das Interesse anderer Bürgermeister in umliegenden Gemeinden geweckt. Wie viele Anrufe von Kollegen, die ihre Energiekosten ebenfalls senken wollen, haben Sie inzwischen erhalten?

Bisher gab es einige konkrete Nachfragen und auch in der Aktionswoche „Rheinland-Pfalz: Ein Land voller Energie!“ im September 2014 hatten wir an zwei Terminen insgesamt rund 50 Besucher.

Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende ist, die Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, Energie zu sparen und bewusst einzusetzen. Wie schaffen Sie es als Bürgermeister, den Einwohnern Ihrer Verbandsgemeinde die Notwendigkeit des bewussten Umgangs mit Energie nahe zu bringen? Gibt es auch Hürden, auf die Sie dabei stoßen?

Ich glaube, dass es wichtig ist, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Dies tun wir insbesondere im Bereich der Energieeffizienz in der Verbandsgemeinde Wallmerod seit dem Jahre 2010 mit unserem Aktionsprogramm „Energie 2020“. Im Rahmen dieses Programmes haben wir seither 28  Prozent Heizenergie und 12  Prozent Strom in den Liegenschaften der Verbandsgemeinde Wallmerod eingespart. Dieses Ergebnis spricht sich natürlich herum und regt zur Nachahmung an.

Ihr 2010 gestartetes Aktionsprogramm „Energie 2020“ hat die Hälfte seiner Laufzeit fast hinter sich. Welche Ziele schweben Ihnen noch für die kommenden Jahre bis 2020 vor?

Wir hatten uns zu Beginn des Aktionsprogrammes „Energie 2020“ im Jahr 2010 im Hinblick auf die Energieeinsparung, die Nutzung regenerativer Energien und den Einsatz neuer Technologien, beispielsweise im Bereich der Kraftwärmekopplung, einiges vorgenommen und die erforderlichen Schritte zügig umgesetzt. Wir wollten 30 Prozent Heizenergie und 10  Prozent Strom einsparen und die Nutzung regenerativer Energien ausbauen. In der Hälfte der vorgesehenen Zeit haben wir unsere Einsparziele nahezu erreicht. Wir nutzen innovative Technologien und betreiben eine Brennstoffzelle im Rathaus sowie ein Nahwärmenetz und Stromverbund für Freibad, Schule, Schulsporthalle und Feuerwehrgerätehaus. Mittlerweile erzeugen wir mehr als 100  Prozent des benötigten Stromes mit unseren eigenen neuen Photovoltaikanlagen selbst. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Jahren die benötigte Heizenergie für alle Gebäude der Verbandsgemeinde Wallmerod gegenüber 2010 um etwa einem Drittel absenken werden und den Stromverbrauch um über 10  Prozent. Die PV-Anlagen, die Brennstoffzelle und das Blockheizkraftwerk werden dauerhaft den Eigenbedarf an Strom decken und sogar rund 40 Prozent mehr produzieren. Dieser Strom wird dann eingespeist. Zudem haben wir zwischenzeitlich die Fortschreibung der Teilflächennutzungspläne im Bereich der Windenergie abgeschlossen. Ich bin gespannt, wann die Produktion von Windstrom beginnen kann.

Welche Rolle spielt Ihrer Erfahrung nach die Möglichkeit, sich über Gemeindegrenzen hinweg zu informieren, auszutauschen, sich zusammen zu tun, um gemeinsam Energiewende-Projekte voranzutreiben?

Gegenseitige Information und Austausch von Ideen kann und sollte nicht an Gemeindegrenzen Halt machen. Letztendlich muss ohnehin jeder für seinen spezifischen Bedarf seine Entscheidungen treffen. Und wenn man Dinge gemeinsam besser machen kann als alleine, dann sollte man dies auch tun.

Sie waren früher als ambitionierter Amateurfußballer erfolgreich. Welche Erfahrungen aus dem Sport kommen Ihnen denn heute in Ihrer Arbeit als Bürgermeister zugute?

Ich war tatsächlich früher einmal ein ganz passabler Mittelstürmer und da lernt man, dass nicht jeder Schuss auch zu einem Treffer führt. Man weiß aber auch, dass man, um erfolgreich zu sein, ständig auf der Lauer nach der nächsten Chance liegen muss. Da zeigen sich schon Parallelen zu den sich verändernden Randbedingungen, gerade im Umfeld der Energie.

Newsletter der Energieagentur Rheinland-Pfalz vom 12. März 2015